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Pflege bei Diabetes mellitus ... bei Krankenpflegewissen.de |
Pflegerische
Anforderungen und Tätigkeiten |
1.B.7 Erkennen von Seelische Belastungen
und pflegerische Unterstützungsmöglichkeiten
Seelische Belastungen treten
im Rahmen des Diabetes mellitus aufgrund vieler Probleme auf, wobei vor allem
junge Menschen zunächst stark unter den vielfältigen Einschränkung
leiden, aber auch schneller eine Anpassung erreichen:
Typische Seelische Belastungen
sind:
- die Pat. müssen den
Rest ihres Lebens mit der Erkrankung leben
- damit verbunden sind
je nach Therapieform und Diabetestyp:
- Diätetische Einschränkungen
mit dem Gefühl, auf Genuß und Konsum verzichten zu müssen
- ständiges Eingebunden
sein in einen festen Tagesablauf durch festgelegte BZ-Messungen, Injektionen
etc.
- Angst vor den Folgeerkrankungen,
da diese eine weitere, starke Einschränkung der Lebensqualität
und Lebenserwartung mit sich bringen
- das Gefühl,
ausgeliefert bzw. abhängig zu sein zu sein:
- Angst vor spontaner
Unterzuckerung mit Bewußtlosigkeit
- lange Wartezeiten
beim Arzt
- stark schwankende
Blutzuckerwerte, obwohl man "alles richtig macht"
-
- Einschränkung
des Freizeitverhaltens (der moderne Mensch definiert sich zunehmend
über sein Freizeitverhalten)
- Vermindertes Selbstwertgefühl
durch soziale Diskriminierung:
- Status des Schwerbehinderten
(eigentlich gut gedacht Absicherung, leider mit psychischen Nebenwirkungen)
- Verlust der Erwerbsfähigkeit
bzw. Einschränkung in der Berufswahl
- Verweigerung der Teilnahme
am Straßenverkehr bzw. großer Aufwand bis zur Erteilung der Fahrerlaubnis
- Diabetiker entsprechen
nicht dem gesellschaftlichen Ideal "voll
leistungsfähig" zu sein
- Verweigerung der Aufnahme
in private Krankenversicherung sowie deutliche Nachteile bei anderen Versicherungsformen(
wie Lebensversicherungen etc.)
- eventuelle Einschränkungen
in der Sexualität
- sich ständig vor
Freunden und Bekannten für sein Essverhalten rechtfertigen zu
müssen
- Angst vor einer komplizierten
Schwangerschaft und Behinderungen des Nachwuchses
All diese Probleme können
zu Überforderung der menschlichen Psyche führen mit ...
- Verärgerung, negativer
Einstellung zur Erkrankung, Frustration, sogar bewußten Ignorierung
der optimalen Therapie
- Angst (häufig verbunden
mit übermäßig gesteigerter Eigenbeobachtung)
- Depression (Sinn des Lebens
mit derart vielfältigen Einschränkungen wird in Frage gestellt,
Verlust der Perspektive)
Maßnahmen:
- den Pat. an das Self-Management
heranführen, ihm die Kontrolle zurückgeben:
- der Pat. erhält
das Wissen, sich selbst zu helfen, zunächst durch die Einbeziehung
in die Pflege, später durch konkrete Schulungen in Diabeteszentren
etc.(Aktivierung der patienteneigenen Resourcen)
- Der Pat
versteht die Anpassung der Ernährung und kann sie umsetzen:
- Veränderung
des Blutzuckerspiegel je nach Lebensmittel (BE)
- Optimale Zusammensetzung
(VItamine etc.)
- Ausreichende
Flüssigkeitsversorgung mit möglichst kalorienarmen Getränken
- Anpassung
der Kalorienzufuhr an die körperliche Belastung und Ruhephasen
-
- Pat. beobachtet
seine Ausscheidung:
- Erkennen der Poly-
und Nykturie als Zeichen einer Stoffwechselentgleisung
-
- Der
Pat. kennt die Risiken / Folgeschäden der Erkrankung und beherscht
Prophylaxe und Früherkennung:
- Beobachtung
von Haut und Schleimhäuten sowie deren sorgfältiger, angepasster
Pflege
- Erkennen auftretender
Sensibilitätsstörungen und korrekt abgeleitetes Handeln,
um die daraus resultierenden Folgeschäden zu vermeiden
- Angepasste
Kleidung und deren Wechsel in vernünftigen Intervallen
- Erkennen der
Gefäßkomplikationen und sinnvolles Behandeln der daraus resultierenden
Beschwerden
- Einhaltung
der regelmäßigen Kontrolluntersuchungen
- der Pat. reduziert
bzw. beendet den Konsum von Zigaretten
-
- Der Pat. kennt
die Symptome einer Stoffwechselentgleisung sowie deren Ursachen
und Bekämpfung
- Der Pat.
versteht die Wirkung der Therapeutika und ist deren Anwendung mächtig:
- Anwendungsmodalitäten
der oralen Antidiabetika
- Umgang mit
Insulinen, Spritzen, Pens sowie deren hygienischen Grundanforderungen
-
- dem Pat. klar machen,
das er selbst den Mittelweg finden muß zwischen optimaler Therapie
und individuellem Lebensstil.
- Ermittlung des optimalen
Therapietyps,
der zum Pat. passt (größte Compliance)
- Pat. sowohl auf die
Risiken, als auch die Chancen aufmerksam machen (Reisen sind weiterhin
möglich, Berufswahl nicht so stark eingeschränkt wie zunächst
gedacht, Umschulungen sind möglich, Autofahren ist nach guter Einstellung
wieder möglich, etc.). Eine positive Einstellung zur Erkrankung ist
für das weitere Leben des Pat. überaus wertvoll !!!
-
- Vermittlung von
Wissen über Notrufmöglichkeiten (Notrufsysteme, spezielle Telefonnummern
etc.)
- Miteinbeziehen von
Angehörigen (und Freunden, wenn gewünscht):
- Unterstützung des
Pat.
- Sensibilisierung für
Entgleisungssymptomatik und Maßnahmen im Notfall
- Anleitung der Angehörigen
zur Dependenzpflege, falls der Pat. selbst nicht in der Lage ist, sich ausreichend
zu versorgen!
- Vermittlung eines kompetenten
Diabetologens, besser noch einer diabetologischen Spezialklinik
- Hinzuziehen von psychologischen
Fachkräften (Beratungsstellen, Psychologen, Sozialarbeiter)
- Weitergabe von Adressen
eingetragener Vereine und Gesellschaften zur Unterstützung von Diabetikern
Wichtig:
Die hier angeführten Selbstpflegeanforderungen basieren auf einem hohen
Quantum an Selbstpflegekompetenz. Kann dieses dem Pat. nicht vermittelt werden
( geistige Behinderungen, Demenz, Verwirrtheitszustände), braucht der Pat. unter
Bewahrung der größtmöglichen Selbständigkeit Unterstützung von geschulten
Angehörigen (Dependenzpflege) oder geschultem Pflegepersonal!